Dienstag, 15. April 2014

Podiumsdiskussion



Am 3. April hatten wir zu einer Podiumsdiskussion ins Dorfgemeinschaftshaus in Abbenrode eingeladen. Kern der Veranstaltung war die Frage:

Kommt Fracking durch die Hintertür?


Ausgangspunkt waren dabei die Handelsabkommen CETA und TTIP zwischen der EU und Kanada bzw. den USA, die derzeit verhandelt werden und die äußerst kritisch diskutiert wurden.

Neben Vertretern der politischen Parteien MdL Frank Oesterhelweg für die CDU, MdB Jutta Krellmann für die Linke, MdL Gerald Heere für die Grünen, Arne Hattendorf, Stadtrat Wolfenbüttel, für die Piraten und Ingo Schramm EU-Kandidat für die FDP waren auf dem Podium noch Volker Fritz vom AK Fracking Braunschweiger Land für die Bürgerinitiativen und Vincent David Fischer vertreten, der die rechtlichen Aspekte erläuterte. Für die BI kein frack in wf habe ich die Moderation übernommen.

In allgemeinen Fragerunden haben wir zuerst die Positionen der einzelnen Mitglieder des Podiums zu den besonders kritischen Punkte des Umwelt- und Verbraucherschutzes und des Investitionsschutzes abgefragt, bevor die allgemeine Diskussion eröffnet wurde. 
Schnell wurde klar, dass die Befürchtungen in der Bevölkerung mehr als berechtigt sind. Sollte das hinter verschlossenen Türen fast fertig verhandelte Abkommen CETA, dessen Text in Teilen an die Öffentlichkeit gedrungen ist, so unterzeichnet werden, sind die derzeitigen in der EU geltenden Umwelt- und Verbraucherstandards nicht zu halten, weil eine Angleichung immer eine Absenkung der Anforderungen nach sich ziehen würde. In der EU gilt bisher das Prinzip, eine Substanz etc. erst zuzulassen, wenn ihre Ungefährlichkeit bewiesen ist; in den USA hingegen wird solange von der Ungefährlichkeit ausgegangen, bis das Gegenteil bewiesen ist. Diese beiden Positionen sind nicht kompatibel und es sind auch eigentlich gar keine Kompromisse möglich.
Aufgrund von speziellen Investitionsschutzklauseln wären Risikotechnologien wie Fracking nach diesem Abkommen quasi einklagbar, mindestens aber eine Entschädigung für entgangene Gewinne bzw. Gewinnmöglichkeiten, auch für Investitionen, die vor Inkrafttreten des Abkommens getätigt worden sind. Somit die klare Antwort auf die Ausgangsfrage:

Ja, Fracking durch die Hintertür wäre möglich.


Es war für das sehr zahlreich erschienene Publikum erfreulich festzustellen, dass die Handelsabkommen quer durch die anwesenden Parteien durchaus kritisch gesehen werden, natürlich mit Abstufungen. Große Einigkeit herrschte allerdings in Bezug auf die Art der Verhandlungen, für die deutlich mehr Transparenz und Öffentlichkeit gefordert wurde und eine stärkere Kontrolle der Lobbyverbände, ein Gesichtspunkt, der dem Publikum besonders wichtig war. Hier zeigte sich allerdings auch, dass das Vertrauen in die Unabhängigkeit von Politik und Politikern nicht sehr hoch ist, besonders auf europäischer Ebene.
Alle Politiker auf dem Podium waren sicher, dass ihre Partei im Europaparlament einem Abkommen nicht zustimmen wird, das hinter die bisherigen europäischen Standards zurückfallen würde. Wieweit sich diese teilweise persönliche Meinung mit der Position der jeweiligen Partei deckt, kann im vorigen Post eingesehen werden.

Es wurde klar, dass Deutschland das Verhandlungsmandat für solche Abkommen weitestgehend an die EU abgegeben hat, so dass eine Zustimmung des nationalen Parlaments möglicherweise gar nicht notwendig sein wird. Umso wichtiger ist damit natürlich die Europawahl im Mai, weil in Brüssel bzw. Straßburg Dinge entschieden werden, die tief in das Leben der Bürger eingreifen.










Von links: Arne Hattendorf, Piraten; Jutta Krellmann, Linke; Gerald Heere, Grüne; Frank Oesterhelweg, CDU; Ingo Schramm, FDP; Volker Fritz, AK Fracking Braunschweiger Land; Vincent David Fischer, Rechtsexperte; Ulrike Siemens, Moderation

Freitag, 11. April 2014

Parteien zur Europawahl

Hier ein kurzer Überblick über die Positionen einiger Parteien zu Handelsabkommen, Fracking etc.
Die Ausschnitte erheben nicht den Anspruch auf Vollständigkeit, geben aber einen ersten Überblick und sollen zum Weiterlesen animieren.

  

CDU:
Seite 15, 2.1   TTIP
Wir wollen die Erfolgsgeschichte des EU-Binnenmarktes um eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) mit den USA erweitern. Eine nordatlantische Freihandelszone schafft den weltweit größten Wirtschaftsraum. Damit sorgt sie für Wachstum und Beschäftigung auf beiden Seiten des Atlantiks. Bewährte Arbeitnehmer-, Verbraucher-, Daten- und Umweltschutzniveaus der EU müssen dafür Grundlage sein. Ebenso setzen wir uns für Sozialstandards, wie etwa die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation, in Handelsabkommen der Europäischen Union ein. Wir sehen es ebenfalls als unsere Aufgaben, die kulturelle und sprachliche Vielfalt zu schützen.
S. 48, 2.8        Kohle- und Gaskraftwerke
Um bei einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien die Schwankungen in der Einspeisung auszugleichen und die Grundlast abzusichern, werden mittelfristig auch moderne und leicht steuerbare Gas- und Kohlekraftwerke mit hohen Wirkungsgraden benötigt. Durch geeignete Rahmenbedingungen soll der wirtschaftliche Betrieb dieser notwendigen Reservekapazitäten gewährleistet werden. Die wirtschaftliche Nutzung der Braunkohle ist auch als Grundstoff für die chemische Industrie von Bedeutung und eröffnet dort Möglichkeiten für Wachstum und Beschäftigung.
S. 61, 3.3        „Fracking – Vorrang für den Umweltschutz
Im Hinblick auf eine Gewinnung von Gas durch das sogenannte Fracking ist für die CDU klar: Gefahren für die Menschen und unser Trinkwasser müssen dabei ausgeschlossen werden. Die Sicherheit hat für uns absoluten Vorrang. Eine Gasgewinnung mittels gesundheitsgefährdender Chemikalien lehnen wir ab.“
S. 94, 5.1        Transatlantische Partnerschaft
Die transatlantische Partnerschaft gründet auf einem Fundament gemeinsamer Werte. Auch im 21. jahrhundert gibt es keine besseren Partner füreinander als Nordamerika und Europa. Diese Partnerschaft ist deshalb auch heute der Schlüssel zu mehr Freiheit, Sicherheit und Wohlstand in der Welt. .... Für mehr Wachstum und Arbeitsplätze auf beiden Seiten des Atlantiks werden wir Handelshemmnisse im Rahmen einer transatlantischen handels- und Investitionspartnerschaft abbauen.


SPD:

S. 11                Eine innovative Energie- und Umweltpolitik: Wir treten für eine ambitionierte Umwelt- und Energiepolitik der EU ein, die Klima-, Umwelt- und Naturschutz, wirtschaftliches Wachstum und Beschäftigung nicht als Gegensätze begreift. ...
S. 13                Fairer Handel: Wir wollen, dass die EU zum weiteren Ausbau der weltweiten Handelsbeziehungen beiträgt. Dies verbessert auch die Absatzchancen für deutsche und europäische Produkte. Eine Handelsliberalisierung darf aber nicht zum Absinken unserer rechtsstaatlichen, sozialen, ökologischen oder Standards beim Verbraucherschutz führen. Außerdem dürfen Freihandelsabkommen durch Regelungen zum Investitionsschutz in keinem Fall Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern oder staatliche Regulierungsmöglichkeiten aushöhlen. Zeitgleich mit den Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen mit den USA müssen auch substanzielle Fortschritte im Bereich des Schutzes der Privatsphäre und der Bürgerrechte erreicht werden. ... Freihandelsabkommen dürfen auch nicht das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen sowie die öffentliche Daseinsvorsorge, Vergabe und Infrastrukturen gefährden. Die Streitschlichtung zwischen Investoren und Nationalstaaten sollte möglichst durch reguläre öffentliche Gerichte erfolgen.


Grüne:

S. 16                Unser Ziel ist ein Europa ohne Atom-, Kohleenergie und Fracking.
S. 18                Neue Risikotechnologien wie... CCS ... und die Förderung von unkonventionellem Erdgas durch Fracking lehnen wir wegen der unabsehbaren Gefahren für Gesundheit und Umwelt ab.“
S. 104-106      Freihandelsabkommen bergen die Gefahr der Ausweitung von Investor-Staat-Klagen. ... Die Verfahren finden vor intransparenten internationalen Schiedsgerichten statt, die in der Regel zugunsten der Investoren entscheiden. ... Der laufende Verhandlungsprozess zum Handelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) ist völlig intransparent. Die Verhandlungen werden derzeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt, ... Bei einem Abkommen, das so weitreichende Folgen hat, ist das nicht hinnehmbar. ...
                        Das Chemikalienrecht darf nicht durch die Anerkennung schwächerer US-Regelungen unterwandert werden. Das Vorsorgeprinzip hat für uns Vorrang vor den Interessen von Investoren. Auch darf ein solches Abkommen nicht dazu führen, Fracking in Europa zu ermöglichen. ... Wir mobilisieren gegen die jetzige Agenda von TTIP, die unsere Prinzipien missachtet. Wir fordern die Aussetzung der Verhandlungen und einen kompletten Neustart, auf Basis eines transparenten Verfahrens und eines neuen Verhandlungsmandats. Wir GRÜNE werden keinem Abkommen zustimmen, das europäische Standards und Gesetze untergräbt


Linke:                                     

S. 27/28           Freihandelsabkommen (TTIP) stoppen!
Die LINKE lehnt das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) ab. ... Konzernen soll ein Klagerecht gegen Staaten bzw. soziale und ökologische Standards eingeräumt werden (Investitionsschiedsgerichtsbarkeit). ... Selbst die unzureichende EU-Chemikalienverordnung REACH sowie die ohnehin laxe Euro-Norm für Abgas-Emissionen stehen in Frage. ... Die LINKE organisiert und unterstützt deshalb Initiativen – innerhalb und außerhalb der Parlamente -, die darauf gerichtet sind, die Verhandlungen über das Freihandelsabkommen mit den USA zu stoppen.
Wir fordern, dass die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit aus allen Handelsabkommen gestrichen wird.
S. 31/32           Wir sind gegen die unterirdische und unterseeische Speicherung von als Abgas anfallendem Kohlendioxid (CCS). ... Ebenso lehnen wir die durch Verpressung von Chemikalien unterstützte Förderung von Erdöl und Erdgas (Fracking) ab.


FDP:

S. 10                Bürgerrechtsfragen parallel zum transatlantischen Freihandelsabkommen verhandeln
                        Wir fordern die Verhandlungen der EU mit den Vereinigten Staaten von Amerika über ein Freihandelsabkommen mit einem Datenschutzabkommen zu verbinden. Die Verlässlichkeit in Hinblick auf die Sicherheit der Daten ist ebenso wichtig wie der persönliche Mehrwert, den jeder Bürger aus dem Zustandekommen des Freihandelsabkommen ziehen wird. Deshalb müssen beide Abkommen in jedem Fall zum Abschluss gebracht werden.
S. 19                Freihandel fördern
                        Wir wollen den Freihandel weltweit vorantreiben und Handelshemmnisse jeder Art konsequent abbauen, ...
                        Sämtliche EU-Freihandelsabkommen sollten auch das Recht des Investors gewährleisten, ein internationales Schiedsgericht anzurufen.
S. 20/21           Gemeinsames Europäisches Energienetz schaffen
                        ...
Außerdem verlangen wir europaweite Mindestnormen für die Zulassung der Gasfördertechnik Fracking zur Vermeidung negativer Auswirkungen auf Sicherheit und Umwelt über nationale Grenzen hinweg.


Piraten:

14.8                                  Für eine Frackingfreie Zukunft
Hydraulic Fracturing, kurz Fracking, zur Gewinnung fossiler Energieträger ist eine Hochrisikotechnologie, die Wasser und Böden bedroht und zu unabsehbaren Ewigkeitsschäden führt. ...
Daher fordern die Piraten ein sofortiges ausnahmsloses EU-weites Verbot sämtlicher Formen von Fracking bei der Erforschung, Aufsuchung und Gewinnung fossiler Energieträger, auch wenn nicht giftige Stoffe eingesetzt werden.
.....
Solange das Fracking noch nicht verboten ist, fordern wir ein generelles Verbot der Verpressung anfallender Flüssigkeiten, die stattdessen aufbereitet werden müssen. Für jede Einzelbohrung ist dann eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen, damit die Umweltrisiken transparent offengelegt werden und ein Einzelverbot ermöglicht wird. Eine Beteiligung aller Betroffenen vor der Genehmigung zur Erkundung und weiterer Schritte ist zwingend notwendig. Für die mit dem Fracking verbundenen langfristigen Kosten und Ewigkeitsschäden müssen die Betreiber aufkommen. De Beweislast im Schadensfall ist umzukehren. Wir fordern ein generelles Import- und Handelsverbot für durch Fracking gewonnene fossile Energieträger.

16.2                                  „TTIP“  nein danke!
Statt Geheimverhandlungen braucht es eine breite öffentliche Diskussion um ein soziales und ökologisches Verhandlungsmandat auf beiden Seiten. ...
Wir lehnen es ab, dass US-Konzerne Klagerechte gegen europäische Umwelt- und Sozialgesetze bekommen. ...
Kernprinzipien des Klima- und Umweltschutzes,so wie sie 1992 in Rio aufgestellt wurden, sind das Vorsorge- wie auch das Verursacherprinzip: Wenn von Produkten oder Technologien Risiken ausgehen können, dann müssen diese Risiken vorausschauend vermieden werden. Im TTIP aber sollen auf Druck von US-Exportinteressen bereits bestehende wie geplante Regeln, die diesen Prinzipien folgen, zum Handelshemmnis erklärt werden. ...
Hohe Verbraucher- und Gesundheitsstandards: Die strengeren europäischen Standards müssen Grundlage aller Verhandlungen sein. Zudem ist eine umfassende Kennzeichnungspflicht zwingend - auch für verarbeitete Produkte.

                             

Dienstag, 8. April 2014

Apriltreffen

Das nächste Treffen ist schon morgen, am Mittwoch, den 9. April um 19.30 im DGH in Abbenrode. Im Vordergrund werden dabei eine Rückschau auf die Podiumsdiskussion stehen und die aktuellen Entwicklungen bei den Handelsabkommen CETA und TTIP.

Über die Podiumsdiskussion und die Positionen der Parteien zu den Handelsabkommen in Bezug auf die Europawahl demnächst hier mehr.